LET'S TALK ABOUT LOVE
Buddhismus und Liebe

Darf man einen Blogartikel über die Liebe schreiben, während mitten in Europa ein Krieg wütet? Ja, trotzdem oder besser genau deshalb möchte ich über Liebe schreiben. Liebe ist der Gegenentwurf zu Hass. Hass spaltet, Liebe verbindet. Wo scheinbar unüberbrückbare Konflikte herrschen, kann eine einzige Person aus ihrem Herzen heraus beginnen, Brücken zu bauen - Brücken, die auf dem Glauben an das Gute im Menschen beruhen und auf einer tiefen Liebe zu den Menschen.

Liebe im Buddhismus

Obwohl ich seit vielen Jahren Buddhismus praktiziere, gelingt es mir natürlich auch nicht immer, gleich die ganze Menschheit zu lieben. Oft ist es ja schon schwer genug, den eigenen Partner wertzuschätzen, wenn er zum hundertsten Mal die Messer falsch in die Spülmaschine einsortiert oder wieder mal einen fest vereinbarten Termin (ich schwöre!) vergisst. Im Buddhismus heißt es "Ich bin Du und Du bist Ich." Mein Gegenüber ist ein Spiegelbild meines eigenen Lebenszustands: Wenn ich mich selbst nicht wertschätze, kann ich die Menschen in meiner Umgebung auch nicht wertschätzen - und nirgends ist das schonungsloser sichtbar als in der eigenen Partnerschaft und/oder Familie. 

Das Mantra Nam-Myoho-Renge-Kyo, das wir Nichiren-Buddhisten täglich rezitieren, hat viele Bedeutungen. Eine davon ist: "Ich schätze mich wert, ich liebe mich." Ich finde es sehr wertvoll, mich mit einer spirituellen Ausübung jeden Morgen des grenzenlosen Wertes meines eigenen Lebens, allen Lebens zu versichern.

Reisen in der 1. Klasse

Ein starkes Selbst ist der Ausgangspunkt, um sich in allen Bereichen des Lebens treu zu bleiben - gerade und auch in der Liebe. Kannst du dich auch noch an den schrecklichen Herzschmerz deiner ersten Liebesbeziehungen erinnern? Ich hatte mit 15 meinen ersten Freund und hab mich damals innerlich noch so schwankend gefühlt wie bei einem Spaziergang auf dünnem Eis... 

Und auch das sagt der Buddhismus über die Liebe: "Wenn du einen erstklassigen Gefährten oder eine erstklassige Gefährtin finden möchtest, musst du selbst in der 1. Klasse reisen." Die tiefe Sehnsucht nach einer glücklichen Partnerschaft und erfüllten Liebe, die wahrscheinlich so gut wie alle Menschen empfinden, ist aus buddhistischer Sicht Ansporn, uns selbst zu einem stabilen, glücklichen, unabhängigen Menschen mit klaren Zielen zu entwickeln.

Liebe im Buddhismus, Mann und Frau vor blauem Himmel, purespective Journal Kathrin Meister Foto: Kathrin Meister

Gemeinsam in dieselbe Richtung schauen

Wenn sich zwei Menschen mit ähnlichen Wertvorstellungen und Überzeugungen ineinander verlieben, kann möglicherweise eine sehr nachhaltige Verbindung zwischen ihnen wachsen. Ich weiß mittlerweile sehr genau, wie und wofür ich leben möchte. Und es macht mich wirklich glücklich, viele dieser Ziele und Werte mit meinem Partner zu teilen. Denn so können wir uns gegenseitig darin unterstützen, unsere jeweiligen Träume und Visionen zu verwirklichen.

Kennst du die verklärte Vorstellung, dass wir uns - wenn wir uns nur wirklich lieben - auf ewig in die Augen schauen und die Welt um uns herum einfach vergessen könnten? Vielleicht gibt es tatsächlich Momente, in denen pure Zweisamkeit einfach mal gut tut (vor allem, wenn die Welt so hart ist wie im Moment). Aber ist es nicht viel inspirierender, unabhängig vom Partner oder der Partnerin an der eigenen Selbstvervollkommnung zu arbeiten und sich gegenseitig auf diesem Weg zu unterstützen? 

Seite an Seite nach vorne zu blicken und auf ein großes, vielleicht auch übergeordnetes Ziel (wie den Frieden) hinzuarbeiten, birgt eine enorme innere Freiheit und großes Glückspotenzial. Denn auch wenn zwei Partner:innen noch so tief miteinander verbunden sind: Den inneren Palast unseres Herzens kann niemand außer uns selbst betreten.

"Liebe bedeutet nicht, dass zwei Menschen sich gegenseitig anschauen, sondern dass zwei Menschen gemeinsam geradeaus in dieselbe Richtung blicken." (Antoine de Saint-Exupéry)


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